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Filmkritik
Aus der Perspektive der Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte ist "Der Mann aus Eisen" eine direkte Fortsetzung von Andrzej Wajdas "Der Mann aus Marmor". Dennoch handelt es sich hier um eine ganz andere Art von Film. Ist "Der Mann aus Marmor" ein präzises, stilsicheres und analytisches Portrait des polnischen Stalinismus und seiner Mythen, so ist "Der Mann aus Eisen" Ausdruck eines politisch in das Tagesgeschehen eingreifenden Kinos mit elementarer Schärfe und authentischer Wucht, aber auch verknüpft mit der Vergänglichkeit tagespolitischer Einschätzungen.
Winkel, ein kleiner angepaßter Rundfunkreporter, der sich über seine Arbeit nicht allzuviel Gedanken macht, wird im August 1980 von seinem Direktor nach Danzig in Marsch gesetzt. Auf der Danziger Lenin-Werft haben die Arbeiter mit dem "überbetrieblichen Streikkomitee" eine Gegenmacht installiert, die nicht mehr zu übersehen ist. Winkel befindet sich daher mit seinem Auftrag zu einer regierungstreuen Reportage auf einem schwierigen Terrain. Die entmachteten örtlichen Parteiinstanzen versuchen ihn als Spitzel einzusetzen, ein Miliz-Geheimagent bedrängt ihn. Doch Winkel kann zunächst nur wenig herausbekommen. Die Streikenden erteilen ihm keinen Passierschein, weil sie zu den regierungsamtlichen Medien das Vertrauen verloren haben. Außerdem macht ihm das vom Streikkomitee angeordnete und auch weitgehend eingehaltene Alkoholverbot zu schaffen. Erst mit Hilfe eines ehemaligen Studenten, den er zehn Jahre zuvor kennen gelernt hat, vermag er die Informationssperren zu durchbrechen. Aus den Berichten des Ex-Studenten, Beobachtungen und Befragungen beteiligter Personen setzt sich für den Zuschauer die Lebensgeschichte von Maciek Tomczyk zusammen, der zu einem der Führer des Streiks geworden ist. Tomczyk ist "Der Mann aus Eisen", der Sohn des Rekordmaurers Birkuit, dessen Porträt die Filmstudentin Agnieszka in "Der Mann aus Marmor" als Examensfilm zeichnen wollte. Birkuit ist Opfer der Streikunruhen des Jahres 1970 geworden. Die Studentenunruhen des Jahres 1968 waren zusammengebrochen, weil die Arbeiter sich nicht mit ihnen solidarisierten, so wie sich zwei Jahre später die Studenten einem gemeinsamen Handeln verschlossen. Maciek Tomczyk hatte aus diesen beiden Ereignissen die Konsequenz gezogen, gab sein Studium auf und wurde Werftarbeiter, wie sein Vater. Auf der Suche nach der Geschichte des "Mannes aus Marmor" stieß Agnieszka auf den Sohn. Im Gefängnis, in dem sie wegen Unterstützung der Ziele der freien Gewerkschaft sitzt, wird sie von Winkel aufgesucht. Sie erzählt ihrem ehemaligen Kollegen von den politischen und persönlichen Erfahrungen, die sie mit Tomczyk gemacht hat, der schließlich ihr Mann geworden war. Wenig später ist der in der Luft liegende Umschwung da. Endlich ins Werk vorgelassen, erlebt Winkel die Unterzeichnung der "gemeinsamen Vereinbarung" auf dem Werksgelände. Maciek und Agnieszka können sich in die Arme fallen: Der glückliche Moment in der persönlichen Biografie und die politische Sternstunde fallen zusammen.
"Ich mußte diesen Film machen, weil ich mich für die `Solidarität` entschieden habe. Ich glaube an die Zukunft der `Solidarität`, und ich möchte dieser Zukunft helfen." erklärte Andrzej Wajda zu seinem Film. Im Spiegel der persönlichen Geschichte einiger Figuren aus. "Der Mann aus Marmor" zeichnet Wajda in diesem Film die Geschichte der polnischen Arbeiterschaft von der blutigen Niederlage des Jahres 1970 bis zum Sieg der "freien Gewerkschaft" im Sommer 1980 nach - stets montiert mit dokumentarischem Material aus dieser bewegten Zeit. Im ganzen Film spürt man die Unmittelbarkeit jenes Erlebnisses, des Kampfes um Freiheit und Menschenrechte. Er ist engagiert aus dieser Bewegung heraus gemacht, deren filmisches Denkmal er ist. Dies macht die Stärke des Films aus, die das Unfertige, Bruchstückhafte der filmischen Konstruktion vergessen macht. Im Spiegel der inzwischen wieder in einer anderen Richtung verlaufenden politischen Ereignisse in Polen wirkt der optimistisch-euphorische Schluß bitter. Dennoch dokumentiert der Film das Lebensgefühl, die Hoffnung eines historischen Augenblicks und er ist ein leidenschaftliches Plädoyer für die Menschenrechte und das Vertrauen in die eigene Kraft. An einer Stelle des Films sagt jemand: "Wir werden vielleicht nicht diesmal siegen, aber beim nächstenmal ober beim Übernächstenmal."