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Filmkritik
Eigentlich will Harper (Katie Stevens) nur auf andere Gedanken kommen. Gerade hat sich die zurückhaltende Studentin aus einer höchst ungesunden Beziehung befreit und sitzt nun mit ihren Kumpels auf einer lahmen Halloween-Party. Irgendwann schlägt jemand vor, man könne doch in ein Haunted House gehen; einer jener begehbaren Geisterbahnen, die an Halloween wie Pilze aus dem Boden schießen. Bereits hier bahnt sich in „Halloween Haunt“ ein Szenario an, das wie eine Konfrontationstherapie wirkt: Um sich vom alltäglichen Horror zu lösen, setzt sich Harper einem Schrecken aus, der lediglich der Unterhaltung dient. Eher zufällig stoßen die Jugendlichen bei ihrer Suche auf ein besonders abgelegenes und sonderbares Spukhaus. Dass sie hier die einzigen Besucher sind und gleich am Eingang ihre Handys abgeben müssen, lässt nichts Gutes ahnen.
Nach dem übernatürlichen Thriller „Nightlight“ legt das Regie-Duo Scott Beck und Bryan Woods diesmal einen Film vor, der selbst wie eine Jahrmarktattraktion funktioniert. „Halloween Haunt“ schickt seine Figuren auf einen Parcours, dessen lieblos zusammengezimmertes Setting zwar zunächst ein bisschen albern wirkt, sich aber mit der Zeit als tödliche Falle erweist. Dabei richtet sich der Film zunächst in einer beunruhigenden Grauzone zwischen wohligem Grusel und nackter Panik ein. Selbst als ein Mädchen verschwindet, kippt die Stimmung noch nicht. Und obwohl man als Zuschauer weiß, dass den Jugendlichen noch einiges bevorstehen wird, streuen die Regisseure erstmal genug Zweifel, ob es sich hier vielleicht nicht doch nur um ein harmloses Spiel handelt.
Temposteigerung wie im Computerspiel
Sobald dann offensichtlich ist, dass sich die Gruppe in Lebensgefahr befindet, wechselt auch der Film seine Strategie: Statt auf schleichendes Unbehagen zu setzen, erhöht er mit Action und blutigen Konfrontationen das Tempo. Das wirkt zwar alles ein wenig routiniert, ist aber durchaus wirkungsvoll. Wie in ihrem Drehbuch zum Überraschungserfolg „A Quiet Place“ bauen Beck und Woods auf eine Dramaturgie, in der die Handlung strukturiert ist wie verschiedene Level in einem Computerspiel. Während der Weg durch kniffelige Rätselräume und teuflische Fallen eigentlich nicht passierbar ist, werden Handys und ein Schlüsselbund geschickt als mögliche Auswege eingesetzt. Zu dem Massaker, das zunächst als harmloser Spuk getarnt war, passen dann auch die Bösewichte, die nicht wahnsinnig einfallsreich als Clowns oder Hexen verkleidet sind, hinter ihrem Kostüm aber dann deutlich furchteinflößender wirken.
Bei den Jugendlichen handelt es sich um die üblichen College-Archetypen wie den feschen Sportler oder den sarkastischen Dicken. Es sind grob umrissene Charaktere, aber eben auch keine richtigen Schießbudenfiguren. Harper verfügt durch ihre dramatische Vorgeschichte sogar über eine recht komplexe Gefühlswelt. Kurz aufflackernde Rückblenden offenbaren mit der Zeit, dass sie aus einer Familie stammt, in der Missbrauch auf der Tagesordnung stand. Harper erinnert damit an viele Protagonistinnen des Slasher-Genres – jener Spielart des Horrorkinos, bei der Jugendliche von einem psychopathischen Mörder heimgesucht werden. Gerade weil sie eine besonders verwundbare Außenseiterin ist, hat sie die Möglichkeit, durch die extremen Bedingungen über sich selbst hinauszuwachsen.
Déjà-vu traumatischer Kindheitserlebnisse
Mit dieser Vorgeschichte spitzt „Halloween Haunt“ sein Spannungsverhältnis zwischen privatem und inszeniertem, wenn auch letztlich ebenso realem Horror noch weiter zu. Mehrmals bezeichnet das Mädchen ihr Elternhaus etwa als „Spukhaus“. Wenn Harper dann mit der irrationalen Gewalt ihrer Peiniger konfrontiert wird, lässt der Film dies wie ein Déjà-vu traumatischer Kindheitserlebnisse wirken – die allerdings, da bleiben die Macher überraschend pietätvoll, immer nur angedeutet bleiben. Durch Einbeziehung dieser persönlichen Ebene kommt Harpers Überlebenskampf schließlich auch einer Selbstermächtigung und schmerzhaften Bewältigung der Vergangenheit gleich.